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12. Juli 2022

Urteil des Arbeitsgerichts Berlin: Befristeter Arbeitsvertrag mit elektronischer Signatur unwirksam

Vorsicht bei der Nutzung von Signaturen in elektronischer Form! Wie das Arbeitsgericht Berlin entschieden hat, genügt ein von beiden Seiten nur auf diese Art unterzeichneter befristeter Arbeitsvertrag den Formvorschriften für eine wirksame Vereinbarung einer Befristung nicht. Danach gilt der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Gemäß § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. In dem in Berlin verhandelten Fall hatten der Arbeitnehmer und die Arbeitgeberin einen befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit des Mannes als Mechatroniker abgeschlossen. Sie verzichteten sowohl auf Papier als auch auf eigenhändige Namensunterschriften. Stattdessen verwendeten die Vertragsparteien eine elektronische Signatur: Für deren Generierung nutzten sie das Tool e-Sign.

E-Signatur ohne Zertifikat der Bundesnetzagentur unzureichend

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass jedenfalls die hier verwendete Form der Signatur dem Schriftformerfordernis nicht genügt. Auch wenn man annehme, dass eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 126a BGB zur wirksamen Vereinbarung einer Befristung ausreiche, liege in diesem Fall keine solche vor. Für eine qualifizierte elektronische Signatur sei eine Zertifizierung des genutzten Systems gemäß Artikel 30 der EU-Verordnung vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt erforderlich. Eine solche Zertifizierung durch die gemäß § 17 Vertrauensdienstgesetz zuständige Bundesnetzagentur biete das verwendete System nicht. Der Anbieter e-Sign verfügt nämlich nicht über die geforderte Zertifizierung, sodass das verwendete Tool (e-Sign) nicht als zertifiziertes Signatursystem gilt.

Entsprechend sei die Vereinbarung der Befristung mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam. Damit gilt der Arbeitsvertrag gemäß § 16 Teilzeit- und Befristungsgesetz als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Entscheidung aus dem Herbst 2021 war noch nicht rechtskräftig, denn beide Parteien hatten nach dem Urteil die Möglichkeit, das Rechtsmittel der Berufung einzulegen und den Fall neu aufzurollen vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am Magdeburger Platz 1 in Berlin.

Tipp von Meinolf F. Nierhof, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main

„Aus meiner Sicht als Fachanwalt für Arbeitsrecht zeigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin auf, dass es nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung aus Arbeitgebersicht nicht zu empfehlen ist einen Arbeitsvertrag online abzuschließen. Aus Arbeitnehmersicht zeigt das Urteil auf, dass jeder online geschlossene Arbeitsvertrag auf den zweiten Blick ggf. angreifbar ist, sodass z.B. der Schriftform unterliegende Regelungen wie eine Befristung auf diesem Wege ausgehebelt werden können.

Vor dem Hintergrund von Homeoffice, Einstellungsgesprächen bzw. Jobinterviews per Zoom, Webex-Meetings, Teams et cetera ist das Urteil ein erstes Zeichen, dass der Gesetzgeber noch an einigen Punkten nachbessern muss, bevor ein Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag ruhigen Gewissens online abschließen sollte.

Falls Sie als Arbeitgeber - trotz der derzeitigen Risiken - einen Arbeitsvertrag online abschließen und ein elektronisches Signatursystem dafür nutzen wollen, sollten Sie insbesondere nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ersetzung der Schriftform einhalten. Konkret bedeutet das für Sie als Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer, dass unbedingt geprüft werden muss, ob das von Ihnen präferierte Tool von der Bundesnetzagentur entsprechend zertifiziert worden ist. Ob andere Arbeitsgerichte mittelfristig noch andere Punkte problematisieren wird sich in der Zukunft zeigen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 43/21 vom 26.10.2021; Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 28.09.2021, Aktenzeichen 36 Ca 15296/20

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